LWB hilft mit Notunterkünften und psychosozialer Betreuung
Kathmandu, Nepal/Genf, 29. Juli 2015 (LWI) – Drei Monate nach dem Erdbeben in Nepal wird die Bereitstellung stabiler Notunterkünfte zu einer Aufgabe mit Priorität.
„Nach der unmittelbaren Notfallhilfe beginnt jetzt die Wiederaufbauarbeit. Wir haben inzwischen die ersten provisorischen Hütten mit Wellblechdächern und unter Verwendung lokaler Baumaterialien errichtet“, erzählt Ram Sharan Sedhai, Kommunikationsreferent des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Nepal. „Die Menschen verarbeiten langsam ihre schrecklichen Erlebnisse. Sie haben wieder Saatgut gepflanzt und kümmern sich um ihr Vieh. Für viele kehrt wieder Normalität in ihr Leben ein.“
Es gibt jedoch zahlreiche Menschen in den am schwersten von dem Erdbeben betroffenen Distrikten, bei denen dies nicht der Fall ist. „In den Distrikten Gorkha, Sindhupalchok, Dolakha und Rasuwa lebt die Bevölkerung zum grössten Teil immer noch unter Zeltplanen, weil bisher keine richtigen Unterkünfte gebaut werden konnten“, sagt er. „Zum Glück sind bisher keine ansteckenden Krankheiten ausgebrochen.“
Der Monsun erschwert die Hilfseinsätze. Viele Dörfer sind nach Erdrutschen nicht mehr zu erreichen, und Hilfstransporte bleiben im Schlamm der unbefestigten Bergpässe stecken.
Priorität für die Hilfsbedürftigsten
Der LWB errichtet provisorische Unterkünfte in den am stärksten betroffenen Dörfern der Distrikte Rasuwa, Sindhupalchok und Dolakha im Kathmandu-Tal. „In erster Linie helfen wir Dalits, Haushalten mit weiblichem Familienvorstand, älteren Menschen, ethnischen Minderheiten und Menschen mit Behinderungen“, berichtet Sedhai.
Eine von ihnen ist Rama Devi Shrestha, 49, aus Shankarapur, Sanagaun. Ihr Haus stürzte über ihr ein. „Ich hatte Glück, dass nur meine Beine verletzt wurden, obwohl ich unter den Trümmern begraben war“, erinnert sie sich an den verhängnisvollen Mittag des 25. April. „Die Ärzte habe mir gesagt, dass ich in sechs Monaten wieder gehen kann.“
Im Moment gibt es aber niemanden, der sich um sie sorgt. Rama Devi Shresthas Ehemann ist vor langer Zeit gestorben. Als sie ins Krankenhaus gebracht wurde, zerstörte ein schweres Nachbeben die Reste des Hauses, das ihr Mann für die Familie gebaut hatte, sowie das gesamte Wohnviertel.
Wie viele andere junge Männer ist auch ihr Sohn ins Ausland gegangen, um dort Arbeit zu finden. Er zahlt immer noch den Kredit zurück, den er für den Kauf seines Tickets nach Malaysia aufnehmen musste. Rama Devi Shrestha braucht ein Dach über dem Kopf, Krücken und medizinische Behandlung, die sie sich nicht leisten kann.
Das Erdbeben hat auch das Leben ihrer Nachbarin Kanchi Shrestha aus dem Gleichgewicht gebracht. Die 71 Jahre alte Frau hat sich das Bein gebrochen, als sie während des Erdbebens stürzte. Der Heilungsprozess verläuft nur langsam. „Der Doktor hat gesagt, dass es in meinem Alter schwierig ist, ein gebrochenes Bein zu kurieren“, sagte Kanchi Shrestha. „Ich will wieder gehen können.“ Während ihr Sohn und dessen Frau für den Lebensunterhalt der Familie arbeiten gingen, betreute Kanchi Shrestha ihre fünf Monate alte Enkelin. Mit einem gebrochenen Bein ist das nicht mehr möglich.
Hoffnung zurückgeben
Familien wie die Shresthas brauchen unterschiedliche Hilfen. Der LWB stellt Nahrungsmittel, Zeltplanen, Matratzen, Decken, Hygienesets, Wassereimer und Wasserreiniger zur Verfügung, ebenfalls Milchpulver für Babys. Der LWB hilf auch beim Wiederaufbau der Häuser.
Bisher hat der LWB mehr als 21.000 Haushalten in Nepal geholfen. Gemeinsam mit der Organisation Islamic Relief Worldwide hat das Team jetzt damit begonnen, Wellbleche an die Familien zu verteilen, die im Distrikt Rasuwa ihre Häuser verloren haben. Mittelfristig bieten Notunterkünfte mit Wellblechdächern einen besseren Schutz gegen die schweren Monsunregen. Das Nepal-Forum des ACT-Bündnisses hat Hilfsgüter für 60.000 Familien geliefert, die von dem Erdbeben betroffen sind.
Im Rahmen seiner Nothilfe bietet der LWB Nepal für die örtliche Bevölkerung auch psychosoziale Unterstützung an. In Zusammenarbeit mit Führungspersonen in den Gemeinwesen soll auch die Fähigkeit der Menschen und Dörfer verbessert werden, mit schwierigen Situationen umzugehen, Mechanismen zur Bewältigung dieser Lebenslagen zu verbessern und etwas für das psychosoziale Wohlbefinden zu tun.
Der LWB hat bestehende Netzwerke und soziale Organisationen in den vom Erdbeben betroffenen Gemeinwesen mobilisiert und verstärkt und will mit dieser besonderen Fürsorge rund 14.000 Menschen helfen. Im Idealfall werden diese Netzwerke zu nachhaltigen Strukturen und in Zukunft das Leben für Menschen in schwierigen Lebensumständen auch dann noch verbessern, wenn andere Projekte längst beendet wurden.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das überleben würde. Mein Haus wurde zwar zerstört, aber mein Lebenswille ist ungebrochen“, sagt Rama Devi Shresta und schaut dabei auf ihre Schwiegertochter und ihre zwei Enkelkinder. Keiner ihrer Verwandten wurde bei dem Erdbeben verletzt – für sie ist dies das Wichtigste in ihrem Leben.