„Alles ist vom Wasser beschädigt worden“
Sittwe, Myanmar/Genf, 9. September 2015 (LWI) – U Kyaw Thein hat wieder Saatgut gepflanzt. Nachdem eine Überschwemmung seine über viele Jahre aufgebaute Existenz zerstört hatte, wollten er und seine Familie eigentlich ihr Heimatdorf verlassen. Die Unterstützung des Lutherischen Weltbundes (LWB) hat ihm jedoch neue Hoffnung und den Mut für einen Neuanfang gegeben.
Der 61 Jahre alte Subsistenzlandwirt und seine Familie leben im Dorf Bauk Ywar im Mrauk-U-Township im Rakhine-State – der von den Überschwemmungen infolge des Zyklons Komen am stärksten betroffenen Region des Landes.
Der Höchststand des Wassers während der Flut ist auch lange nach dem Rückzug der Wassermassen noch an einer dunklen Linie in U Kyaws Haus zu erkennen. Es fehlen Dielen, obwohl das Haus schon auf Pfählen gebaut wurde. Noch schlimmer wiegt aber der Verlust der Lebensgrundlage der Familie. „Ich konnte meine Kühe nicht retten“, klagt U Kyaw Thein. Als ihm das Wasser bereits bis zur Brust ging, versuchte er, sie in Sicherheit zu bringen. „Ich wollte sie aus dem überfluteten Stall ziehen und war schnell so erschöpft, dass ich fast selbst ertrunken wäre. Ich bekam Angst und war nicht in der Lage, die Tiere zu retten“, erinnert er sich an diesen schicksalhaften Tag.
Als das Wasser bis zum zweiten Stock seines Hauses gestiegen war, band U Kyaw einige Bambusstangen zu einem improvisierten Floss zusammen. Zusammen mit seiner Frau und den drei jüngsten Kindern schafften sie es bis zu einem nahe gelegenen Kloster, wo sie die nächsten fünf Tage mit Hilfe von Lebensmittelspenden überlebten.
Existenzgrundlage vernichtet
Nach der Rückkehr ins Haus wurde das ganze Ausmass des Schadens sichtbar. „Fast drei Hektar meines Ackerlandes waren zerstört“, berichtet U Kyaw. „Das Wasser hat auch 50 Säcke unserer Reissaat vernichtet, die wir für die nächste Pflanzsaison gelagert hatten, und die Fluten haben auch die meisten meiner landwirtschaftlichen Geräte mitgerissen – was soll ich also jetzt machen? Auch 12 meiner Hühner sind tot“, fährt er mit brüchiger Stimme fort
Das Wasser hat auch die Latrine beschädigt, und eine seiner Töchter hat alle ihre Schulbücher und Lernutensilien verloren. „Alles wurde durch das Wasser in Mitleidenschaft gezogen, und meine Schule wurde für zwei Wochen geschlossen“, erzählt sie.
Nach Einschätzungen des LWB wurden die Schule, zwei Brücken und 35 Prozent aller Häuser des Dorfes schwer beschädigt. 6.200 Körbe Reissaat sind verloren gegangen, und die zwei als Trinkwasserreservoir genutzten Dorfteiche sind durch die Überschwemmungen verseucht worden. Auf den Reisfeldern stand das Wasser über zwei Meter hoch. Der Rakhine-State wurde von der Regierung Myanmars zum nationalen Katastrophengebiet erklärt.
Hilfsaktionen des LWB
Der LWB Myanmar mobilisierte ein Nothilfeteam, das eine schnelle Bedarfsanalyse durchführte und selbst die Verteilung von Hilfsgütern in 18 betroffenen Dörfern übernahm. Eines dieser Dörfer war Bauk Ywar, wo U Kyaw Thein mit seiner Familie lebt.
Als Lebensmittelration für einen Monat erhielten die Familie und 42 weitere Haushalte in Bauk Ywar Reis, Speiseöl, Salz und Bohnen.
„Ich war voller Sorge“, erinnert sich U Kyaw. „Nachdem die Wassermassen weg waren, sind wir zu unserem Haus zurückgekehrt. Wir konnten nichts essen und fanden keinen Schlaf. Wie sollten wir überleben? Meine Familie wollte das Dorf verlassen und weit wegziehen, dorthin, wo uns keine Flut erreichen würde, sollte ein solches Unglück noch einmal geschehen.“
Die Hilfsgüter sorgten dafür, dass U Kyaw Thein und seine Familie wieder Mut schöpften und sich zu einem Neuanfang in ihrem Heimatdorf entschlossen. Die Reissaat ist gesetzt. „Der Reis wächst langsam“ sagt U Kyaw. Seine Tochter war eine von 9.000 Studierenden, die ca. 43.990 vom LWB zur Verfügung gestellte Schulbücher erhalten hat, damit ein normaler Schulbetrieb wieder möglich ist.
Der LWB Myanmar hat bis heute Hilfsgüter, Lebensmittel und Schulmaterialien an mehr als 2.000 Familien in fünf Townships verteilt. Der weitere Arbeitsschwerpunkt besteht jetzt in einer möglichst schnellen Wiederherstellung der Lebensgrundlagen.
Beitrag von John Martin Celiz. Redaktion: LWB Communications