Populismus, Gewalt und Trennung von Familien im Fokus

12 Juli 2018
Image
Der LWB-Rat verabschiedete sieben Botschaften, Resolutionen und öffentliche Erklärungen auf seiner diesjährigen Tagung. LWB/Albin Hillert

Der LWB-Rat verabschiedete sieben Botschaften, Resolutionen und öffentliche Erklärungen auf seiner diesjährigen Tagung. LWB/Albin Hillert

LWB-Rat ruft zur Bewältigung dringlicher Probleme auf

Genf (LWI) – Der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB), zentrales Leitungsgremium der Kirchengemeinschaft, hat eine Reihe von Problemen benannt, die von den Kirchen und der Völkergemeinschaft dringend in den Blick genommen werden müssen. Am 2. Juli, dem letzten Tag seiner diesjährigen Tagung, verabschiedete der Rat Resolutionen, öffentliche Erklärungen und Botschaften zu den Themen Populismus, Gewalt in Nigeria, Israel-Palästina, mehr Jugendpartizipation im Leben der Kirche, Reform des UN-Sicherheitsrats sowie Unterstützung der globalen Pakte für Flüchtlinge und Migration.

Resolution zur Situation in Nordost- und Zentralnigeria

Der Rat versichert die Bevölkerung und Kirchen Nigerias, darunter namentlich die LWB-Mitgliedskirchen –  die Lutherische Kirche Christi in Nigeria und die Lutherische Kirche Nigerias –, seiner Fürbitte und Solidarität. In den letzten Wochen ist in Nordost- und Zentralnigeria die seit langem virulente Gewalt zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen dramatisch eskaliert.

„Der Rat verurteilt mit äußerstem Nachdruck die Eskalation der Gewalt in den betreffenden Regionen und die beklagenswerten Morde, insbesondere an Frauen und Kindern in ihren eigenen Häusern und Gebetsstätten.“

Er ruft die Regierung Nigerias dazu auf, „einen umfassenden Friedensprozess unter Leitung der Führungsverantwortlichen der Religionen und der Stammesältesten zu initiieren, der auf gütlichem Wege die fundamentalen Ursachen des Konflikts behandelt, der Gerechtigkeit Genüge tut und die Verantwortlichen für den Verlust von Menschenleben und die Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft zieht, um so zu mehr Versöhnung und wechselseitigem friedlichem Zusammenleben in der Region und im Land insgesamt beizutragen“. Schließlich ruft der Rat die Mitgliedskirchen auf, „um Frieden in diesen Regionen zu beten“, „die Möglichkeit von Solidaritätsbesuchen zu prüfen“ und „sich bei ihren jeweiligen Regierungen dafür einzusetzen, dass sie diese Anliegen bei den nigerianischen Behörden thematisieren“.

Resolution zur Reform des UN-Sicherheitsrates

Der Rat bedauert zutiefst, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bisher nicht in der Lage war, auf die Krise in Syrien, den israelisch-palästinensischen Konflikt, die Situation im Südsudan und weitere Probleme angemessen zu reagieren. Er stellt zudem fest, dass die ausbleibenden Reaktionen auf einige der dramatischsten und blutigsten Konflikte der heutigen Zeit zurückzuführen seien auf das Vetorecht von fünf seiner Mitglieder. Diese Mitglieder des UN-Sicherheitsrates stellten nach wie vor häufig ihre geopolitischen Partikularinteressen über das Gemeinwohl und ihre Verpflichtung gemäß der UN-Charta, international für Frieden und Sicherheit zu sorgen.

Der LWB-Rat „ruft die Mitgliedskirchen und das Büro der Kirchengemeinschaft dazu auf, für Vorschläge zur Reform des UN-Sicherheitsrates einzutreten, wonach das Veto in Fällen von Massengräueltaten wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen nicht zur Anwendung kommen sollte.“

Resolution zur Unterstützung der Umsetzung der globalen Pakte für Flüchtlinge und Migration

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben weltweit noch nie so viele Menschen ihre Heimat verlassen, wie heute, viele davon auf der Flucht vor Gewalt. Zur Bewältigung dieser globalen Herausforderung wollen die Vereinten Nationen in Bälde zwei wichtige Dokumente zum Umgang der Völkergemeinschaft mit Migration und Massenflucht verabschieden.

Der Rat ruft die LWB-Mitgliedskirchen auf, „das Engagement von LWB-Weltdienst in der Hilfe für Flüchtlinge und die Bevölkerung in den Aufnahmegebieten weiterhin zu unterstützen, insbesondere in den Bereichen Konfliktprävention, Versöhnung und Friedensarbeit“ sowie „für die Umsetzung beider Pakte in ihren jeweiligen Ländern … einzutreten“.

Der Rat ruft weiterhin das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft auf, „die Mitgliedskirchen bei ihrem Engagement für die Umsetzung der Pakte zu unterstützen.“

Öffentliche Erklärung zur Trennung von Kindern und ihren Familien an der Grenze zwischen den USA und Mexiko

Der LWB bringt seine „tiefe Betroffenheit“ über die Situation an der Grenze zwischen den USA und Mexiko zum Ausdruck, in deren Zusammenhang Kinder von Migrierenden von ihren Familien getrennt wurden.

„Der LWB-Rat ruft die US-amerikanische Regierung auf, ihre Grundsätze für den Umgang mit Asylsuchenden zu überprüfen, keine Familien mehr zu internieren und in Gemeinwesen angesiedelte Alternativen zur Internierung zu nutzen, wie sie der US-amerikanische Lutheran Immigration and Refugee Service (LIRS) als Pilotprojekt durchführt… Er erklärt sich hoffnungsvoll, dass die derzeitigen Verhandlungen über die Verabschiedung eines globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration zu besseren Bedingungen, internationaler Zusammenarbeit und Sicherheit für Migrierende und ihre Familien führen werden.“

„Als Lutheraner und Bürgerinnen können wir gemeinsam mit den gewählten Amtspersonen hinarbeiten auf humane, gerechte und von Mitgefühl getragene Lösungen.“

Öffentliche Erklärung zu Israel-Palästina

Der Rat ruft die LWB-Mitgliedskirchen dazu auf, sich die Situation in Israel und Palästina, wo bis heute die Besetzung andauert, aufs Neue bewusst zu machen. Er bekräftigt die Unterstützung des LWB für eine Zwei-Staaten-Lösung zur Beilegung des Konflikts zwischen Israel und Palästina, auch wenn die Konfliktparteien aktuell nicht in Verhandlungen miteinander stehen.

Der LWB „erkennt … Jerusalem auch weiterhin als gemeinsame Hauptstadt der beiden Völker und drei Religionen an, und wendet sich gegen jedes Vorgehen, das den Status quo ohne vorherige Einigung über den endgültigen Status zu verändern sucht.“

„Der Rat ruft die Mitgliedskirchen auf, ihre Mitglieder über die 2011 verabschiedete öffentliche Erklärung des LWB-Rates zur Situation im Nahen Osten zu informieren, als Grundlage für Bewusstseinsbildung, Advocacy-Arbeit und Weggemeinschaft mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land“.

Botschaft an die Mitgliedskirchen: Kirchen der Hoffnung sein – den Kräften populistischer Ausgrenzung widerstehen

In verschiedenen Gesellschaften sind LWB-Mitgliedskirchen mit den Folgen eines wachsenden Populismus konfrontiert. Der Rat ist über diese Entwicklungen zutiefst besorgt. „Wenn wir erleben, dass Menschen in Angst gefangen sind, weisen wir hin auf die Botschaft Christi. Sie ist eine Botschaft der Hoffnung, die die Angst austreibt, eine Botschaft des Mitgefühls, die sich der Gleichgültigkeit entgegenstellt, eine Botschaft der Gerechtigkeit, die der Unterdrückung widersteht, und eine Botschaft der Versöhnung, die sich nicht davon abbringen lässt, für den Frieden einzutreten. Diese frohe Botschaft wird heute dringend gebraucht.“

Der LWB-Rat ermutigt seine Mitgliedskirchen, einschließlich der ihnen zugeordneten theologischen Einrichtungen, „zu Dialog und Austausch innerhalb und zwischen den Kirchen… Damit die Kräfte des ethno-nationalistischen Populismus überwunden werden, rufen wir die Kirchen auf, die Geister zu unterscheiden, sich in die Gesellschaft einzubringen und Widerstand zu leisten, auf der Grundlage des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, zu der Christus uns berufen hat.“

Botschaft an die LWB-Mitgliedskirchen: Förderung einer relevanten Beteiligung der Jugend an Leben und Arbeit der Mitgliedskirchen

Der Rat empfindet Ermutigung angesichts der Fortschritte bei der Jugendpartizipation in LWB-Leitungsgremien. Eine relevante Beteiligung der Jugend stellt jedoch manche Mitgliedskirchen weiterhin vor Herausforderungen.

„Der Rat bekräftigt energisch die bei der 12. Vollversammlung in Windhuk (Namibia) verabschiedete Jugendbotschaft und fordert die Kirchenleitungen auf, gezielt Raum zu schaffen für eine bewusste Einbindung der Jugend, die spezifische Kompetenzen, Wissen und Erfahrung zum Leben der Kirche beizutragen hat.“

 

 

Die LWB-Ratstagung 2018 findet vom 27. Juni bis 2. Juli in Genf statt. Sie steht unter dem Thema „Umsonst habt ihr‘s empfangen, umsonst gebt es auch“ (Matthäus 10,8). Der LWB-Rat tagt einmal im Jahr und ist zwischen den Vollversammlungen das höchste Beschlussgremium des LWB: Mitglieder im Rat sind der LWB-Präsident, der Vorsitzende des Finanzausschusses und 48 Vertreterinnen und Vertreter der LWB-Mitgliedskirchen aus den sieben Regionen.

LWF/OCS