LWB veranstaltet Retreats für junge Flüchtlinge in Uganda
PALORINYA, OBONGI, Uganda/GENF (LWI) – Der LWB befasst sich im Rahmen eines Pilotprojekts mit der mentalen Gesundheit jugendlicher Flüchtlinge in Uganda und zeigt ihnen Wege auf, wie sie Traumata verarbeiten und sich auf die Zukunft vorbereiten können.
Mabior* hält eine Zeichnung mit einem Jungen hoch, der Fußball spielt, und einem Mann mit einer Flasche. „Ich habe eine Zeichnung von einem Foto von mir angefertigt, das mich beim Fußballspielen zeigt und das mir sehr gut gefällt. Mein Vater trinkt sehr viel Alkohol und wird zu Hause zu einem Problem. Es geht auf uns los, so dass wir uns vor ihm in Sicherheit bringen müssen“, erklärt der 14 Jahre alte Junge. Mabior ist Südsudanese und lebt seit Jahren in einer Flüchtlingssiedlung in Norduganda. Er hat die Zeichnung während eines Retreats für psychische Gesundheit angefertigt, die das Länderprogramm des Lutherischen Weltbundes (LWB) für Uganda organisiert hatte.
Zehn Gruppen mit Jugendlichen in den Flüchtlingssiedlungen Palorinya, Adjumani, Lamwo und Kyangwali haben an diesem Programm einer „Auszeit für die Psyche“ teilgenommen. Sie bestand aus Freizeitaktivitäten, therapeutischen Übungen und der Vermittlung von Lebenskompetenz. In vier Tagen lernten die Jugendlichen in Spielen emotionale Intelligenz, nahmen an Konfliktlösungstrainings und Entspannungsübungen teil und nutzten unterschiedliche Sport- und Kunstangebote. Dieses Retreat gehörte zu einem Pilotprojekt im Rahmen der vom US-Amt für Bevölkerung, Flüchtlinge und Migration (PRM) unterstützten Schutzprogramme des LWB.
Hoffnung und Zukunftsperspektiven
Die Jugendlichen in den Flüchtlingssiedlungen in Norduganda haben den zweiten Bürgerkrieg im Südsudan überlebt, aber dafür einen hohen Preis bezahlt. Sie haben in jungen Jahren Gewalterfahrungen gemacht und mussten grausame Taten miterleben. Sie haben geliebte Menschen verloren, manchmal sogar ihre Eltern oder nahe Familienangehörige. Alle haben ihren Lebensmittelpunkt und oft auch ihren Besitz verloren.
Ihre Probleme werden weiter verschärft durch knappe Ressourcen, begrenzte Möglichkeiten und das Risiko, in den Flüchtlingssiedlungen ausgebeutet zu werden. Viele verlassen vorzeitig die Schule oder werden viel zu früh verheiratet, um die finanziellen Probleme in der Familie zu lösen. Psychosoziale Betreuer und Betreuerinnen haben festgestellt, dass Depressionen und sogar Selbstmordversuche bei jungen Flüchtlingen keine Seltenheit sind. Nicht verarbeitete Emotionen und Traumata führen ebenfalls zu Konflikten in den Lagern und Siedlungen. Alkohol- und Drogenmissbrauch wie in Mabiors Familie sind an der Tagesordnung.
Die zusätzlichen Probleme infolge der COVID-19-Pandemie haben die soziale Interaktion der Menschen und ihre Netzwerke zerstört und bestehende Schwierigkeiten und Herausforderungen für Kinder und Jugendliche oft weiter verschärft.
„Das Ziel dieser Auszeit bestand darin, den Jugendlichen nach ihren Kriegserlebnissen wieder Hoffnung auf eine zukünftige Lebensperspektive zu geben“, sagte Patrick Kyeyune Kafuuma, psychosozialer Betreuer innerhalb des LWB-Programms für Uganda und zuständig für diese Retreats in den vier Flüchtlingssiedlungen.
„Die von Konflikten und Traumata betroffenen Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, über das Erlebte nachzudenken, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Heilung und emotionalen Wohlbefindens und zur Förderung resilienter, friedfertiger und produktiver Persönlichkeiten und Gemeinschaften“, erklärt Kafuuma weiter. Mit der Förderung dieser Initiativen will der LWB die mentale Belastbarkeit dieser Kinder und damit auch ihre Zukunftsaussichten verbessern.
Die Vergangenheit erinnern, die Zukunft planen
Trotz allem musste das LWB-Personal sehr behutsam mit ihren jungen Schützlingen umgehen. Die LWB-Mitarbeitenden wurden vor Durchführung des Retreats besonders geschult – ein Beratungsteam begleitete die Teilnehmenden und gab ihnen individuelle Unterstützung. Spielerische und künstlerische Aktivitäten vermittelten den jungen Menschen eine sichere Basis, um ihre Gefühle zu artikulieren. Die beliebteste Übung war die Zeichnung des „Lebensbaums“ – hier hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, Erinnerungen und positive Erfahrungen der Vergangenheit mit ihrer aktuellen Situation in Bezug zu setzen und Perspektiven für ihre Zukunft zu entwickeln.
„Ich finde es schlimm, dass es keinen Frieden in meinem Land gibt. Trotzdem glaube ich, dass der Südsudan eines Tages diesen Frieden finden wird. Meine Familie und ich werden die Siedlung Nyumanzi verlassen und zurück in unser Land gehen“ hofft Akor, ein junges Mädchen aus dem Südsudan.
Akor hat gelernt, über Dinge zu sprechen, die sie bekümmern, Gefühle auszudrücken und andere zu unterstützen. „Ich war ängstlich und konnte nicht vor anderen Menschen reden. Inzwischen habe ich aber so viel Selbstvertrauen, dass ich darüber sprechen kann, was mich verletzt und was mich glücklich macht. Ich habe auch gelernt, anderen Menschen gegenüber meine Zuneigung zu zeigen“, sagt sie.
Diese neue mentale Stärke ist wichtig für den nächsten Schritt: Kafuuma unterstützt im Rahmen seiner psychosozialen Betreuung auch Retreats, um Menschen neue Fähigkeiten zu vermitteln, damit sie selbst andere Menschen unterstützen können. „Anstatt diese Retreats nur zu begleiten, will das Projekt die Flüchtlinge selbst in die Lage versetzten, diese spirituellen Ruhepausen für ihre Gemeinschaft zu organisieren“, sagt er.
Mabior hat sich schon zum Ziel gesetzt, mit seinen Freunden und Freundinnen über die Gefahren von Alkohol zu sprechen. Der Workshop hat ihm ebenfalls die Gelegenheit gegeben, sich intensiv mit seiner Zukunft und seinen Lebenszielen zu beschäftigen. „Der Lebensbaum hat mich motiviert, Profi-Fussballer zu werden, damit ich meiner Familie helfen und sie unterstützen kann“, sagt er mit dem unerschütterlichen Optimismus eines 14-jährigen.
*Namen der Teilnehmenden geändert.
Die für Flüchtlinge veranstalteten Retreats für die mentale Gesundheit sind Teil des von PRM-finanzierten ReLIVE-Projekts (Reconnecting Lives, Vision, and Empowerment). 2021 werden diese Programme in den vier Flüchtlingssiedlungen fortgesetzt und sollen noch mehr Jugendliche, überlebende Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und Peer Educators in kinderfreundlichen Räumen und sicheren Orten für Frauen und Mädchen erreichen.