Südsudan: UPR ein Fundament für dauerhaften Frieden

19 März 2019
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LWB-Generalsekretär Martin Junge und der südsudanesische Minister für Justiz und konstitutionelle Angelegenheiten, Paulino Wanawilla Onango (r.), während einer Nebenveranstaltung des UN-Menschenrechtsrats zur Menschenrechtssituation im Südsudan. Foto: LWB/A. Danielsson

LWB-Generalsekretär Martin Junge und der südsudanesische Minister für Justiz und konstitutionelle Angelegenheiten, Paulino Wanawilla Onango (r.), während einer Nebenveranstaltung des UN-Menschenrechtsrats zur Menschenrechtssituation im Südsudan. Foto: LWB/A. Danielsson

Herausforderungen und Chancen bei der Umsetzung der UPR-Empfehlungen

Genf (LWI) – Der Lutherische Weltbund (LWB) und Delegierte der Zivilgesellschaft und glaubensgestützter Organisationen (faith-based organizations, FBOs) im Südsudan haben die zunehmende Bereitschaft der Regierung zur Kenntnis genommen, sich mit Menschenrechtsverletzungen zu befassen und sich zu diesem Zweck auf konstruktive Weise der hierfür vorgesehenen Überprüfungsmechanismen der Vereinten Nationen zu bedienen. Diese Maßnahmen gelten als wichtige Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden im Land.

Während einer Nebenveranstaltung des LWB anlässlich der 40. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf die Annahme der meisten der 233 Empfehlungen hingewiesen, die die Selbstverpflichtung der südsudanesischen Regierung zur konkreten Förderung der Menschenrechte demonstriere. 

Der Südsudan beteiligt sich seit November 2016 – fünf Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes und nach der Beendigung eines zwei Jahrzehnte währenden Konflikts – am universellen staatlichen Überprüfungsverfahren (UPR) der Vereinten Nationen. Neben der Annahme von 203 der insgesamt 233 UPR-Empfehlungen hat die Regierung ebenfalls beschlossen, Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in ihren interministeriellen Menschenrechtsausschuss zu berufen.

Die lutherische Gemeinschaft hat Menschen aus dem Südsudan innerhalb und außerhalb des Landes während des Konflikts begleitet, in dem mehr als 2,5 Millionen Menschen zu Tode kamen und Millionen Menschen vertreiben wurden und unter extremen Menschenrechtsverletzungen litten.

In seiner Eröffnungsansprache auf der Nebenveranstaltung ging LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge auf die humanitäre Arbeit des LWB seit den 1980er Jahren ein. Der LWB unterstützt zurzeit mehr als 300.000 Menschen im Südsudan sowie weitere hunderttausende Betroffene in den Nachbarländern Äthiopien, Kenia und Uganda. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Hilfsprogramme für den Kapazitätsaufbau zur Verbesserung der Advocacy-Arbeit für Menschenrechte, die sich sowohl an Regierungsinstitutionen als auch an Organisationen der Zivilgesellschaft richten.

Nach Aussage von Junge war die gemeinsame Ausrichtung der humanitären Arbeit und der Menschenrechtsarbeit eine wichtige Voraussetzung, um eine nachhaltige Entwicklung und einen dauerhaften Frieden zu erreichen. „Es gibt keinen Frieden ohne Entwicklung und keine Entwicklung ohne Frieden, und es gibt weder Frieden noch Entwicklung ohne Menschenrechte“, erklärte Junge und zitierte damit den früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan. 

UPR ist „unsere Priorität“

In seiner programmatischen Rede würdigte der Minister für Justiz und konstitutionelle Angelegenheiten, Paulino Wanawilla Onango, die Rolle des LWB und die Bedeutung des UN-Menschenrechtsmechanismus.  Er beschrieb das UPR als „unsere Priorität“ und als „das beste Instrument für unser Menschenrechtsengagement, denn es ist nicht aufgezwungen, und es geht um Rechenschaftspflicht“. Unter Hinweis auf die zahlreichen dringenden Aufgaben, die sein Land angesichts einer nach wie vor maroden Infrastruktur und unzähliger Probleme nach jahrzehntelangen Konflikten bewältigen müsse, forderte Wanawilla nachdrücklich eine dauerhafte Unterstützung zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger im Land.

„Robuster and ganzheitlicher“ Handlungsansatz

In seiner Antwort auf die Ansprache des Ministers erklärte Barney Afako, Mitglied der Menschenrechtskommission im Südsudan, dass der Übergang vom Konflikt zu dauerhaftem Frieden eine Übergangsjustiz erfordere, die „robust und ganzheitlich“ sein müsse und für die auch eine Kommission für Wahrheit, Versöhnung und Heilung gebraucht werde. „Es ist die Zusammenarbeit von hohen Regierungskreisen, glaubensgestützten Organisationen und der Zivilgesellschaft erforderlich, um eine Übergangsjustiz zu unterstützen, damit die Jahre der Gewalt, der Vergewaltigungen und des Mordens sofort und vollständig enden.“

Geschlechtsspezifische Gewalt

Lilly Grace Delfin als Vertreterin der zivilgesellschaftlichen Organisationen äußerte sich positiv über die laufenden Arbeiten der Regierung zur Entwicklung einer Gender-Politik und zu Initiativen zur Förderung der wirtschaftlichen Autonomie von Frauen und zur Bildung von Mädchen. Sie stellte allerdings auch fest, dass es kritische Defizite bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gebe, und nannte als Beispiel die vielfach nur milde Bestrafung von Tätern wegen sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen. 

Eine Kultur des Friedens

Bischof Isaiah Dau erklärte den Friedensaktionsplan des Südsudanesischen Kirchenrates und sagte, dass die Mehrheit der Menschen im Südsudan zu den „Kriegskindergenerationen“ aus den Jahren 1955 bis1972 oder 1985 bis 2005 gehöre. „Die Unabhängigkeit 2011 war ein Höhepunkt, aber mit Ausbruch des Konflikts 2013 haben wir einen Tiefpunkt erreicht, der alle unsere Hoffnungen zerschlagen hat.“

Initiativen für einen dauerhaften Frieden und für Versöhnung, so betonte er, müsse man als Prozess begreifen. „Wir wollen diesen Weg gehen und sehen ihn als Fundament für den Aufbau einer Kultur des Friedens für unser Volk.“

Zu weiteren Akteuren auf der Nebenveranstaltung gehörte Jame David Kolok Joshau, ebenfalls für die Zivilgesellschaft, der erklärte, dass der UPR-Prozess ein für die Zivilgesellschaft förderliches Umfeld habe entstehen lassen, so dass sie jetzt mit wichtigen Teilen der Regierung in Fragen wie Gender, Bildung und Sicherheit zusammenarbeiten könne. Nach wie vor, so fügte er hinzu, „sind die Stimmen der Opfer nicht klar zu vernehmen aufgrund von Angst, Misstrauen und den sehr begrenzten Möglichkeiten zur Partizipation. Wir müssen dafür sorgen, dass die Opfer ein selbstverständlicher Teil dieses Prozesses werden.“

Am 12. März nahmen die Delegierten der Zivilgesellschaft und LWB-Personal ebenfalls an dem interaktiven Dialog zwischen der UN-Menschenrechtskommission im Südsudan und dem Menschenrechtsrat teil. Am Vormittag dieses Tages informierten die Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten über den aktuellen Stand des konstruktiven Engagements im Umfeld des UPR während einer vom LWB ausgerichteten Podiumsdiskussion im Ökumenischen Zentrum in Genf.

 

 

LWF/OCS