LWB bietet Zufluchtsort inmitten der Gewalt
(LWI) – Das Feld erstreckt sich bis zum Horizont. Inmitten der dürren Halbwüste und roter, staubiger Strassen eröffnet sich ein grünes Paradies. Hier wachsen Möhren, Kräuter, Sesam und Bohnen. Die Pflanzenvielfalt scheint im Licht der untergehenden Sonne noch ein wenig grüner zu leuchten. Überall beugen sich Männer und Frauen über die Beete, jäten mit flinken Fingern das Unkraut. Hier und da wird das Feld von Bächen durchzogen und ist mit Teichen betupft. Überall sieht man die grünen Giesskannen mit dem Schriftzug „FLM“ – „Fédération luthérienne mondiale“. Es ist die französische Bezeichnung des Lutherischen Weltbundes (LWB). Wir befinden uns im Flüchtlingslager Dosseye, im Süden des Tschad.
„Es geht uns ganz gut“
Loubandin Kim Copin ist ein grosser, schlanker Mann. Er trägt ein weisses T-Shirt. Worte macht er nicht viele, aber seine Augen und Hände sprechen von Mitgefühl. Als 2003 die Unruhen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) begannen und auch sein Dorf Pawa heimsuchten, ging er noch zur Schule. Er, seine Frau und die meisten NachbarInnen mussten fliehen. Seither ist das Lager Dosseye ihr Zuhause.
Loubandin und seine Frau Madjitenem Annette haben sieben Kinder „und uns geht es allen ganz gut“. Er lächelt. Madjitenem trägt ein schönes gelbes Kleid. Sie steht von der Kochstelle auf und ruft die Kinder zusammen. Es ist Zeit fürs Familienfoto.
„Dank dem LWB habe ich Tiere, tierärztliche Versorgung und Futter“, erzählt Loubandin und zeigt stolz auf das kleine Tiergehege vor dem Haus. „Wir erhalten Saatgut für unterschiedliche Gemüsesorten, so haben wir genug zu essen und oft noch mehr, das wir verkaufen können. Wichtiger aber ist, dass der LWB mir die Chance eröffnet hat, mich weiterzubilden.“ Zuversichtlich fügt er hinzu: „Das wird mich und meine Familie in Zukunft ernähren.“
Begleitung für Flüchtlinge und einheimische Bevölkerung
Das Leben im Flüchtlingslager ist teuer, erklärt uns Loubandin Kim. Schule, Wasser und ärztliche Betreuung müssen bezahlt werden. Er und seine Frau laufen übers Feld, betrachten ihre Beete im Abendlicht und er beschreibt seine Zukunftsvision: „Ich wünsche mir, dass meine Kinder und ich die Schule abschliessen können. Das ist so wichtig. Ich möchte sicher sein können, dass meine Kinder ein anderes Leben haben werden, hoffentlich zu Hause in unserem Heimatland.“
Der LWB ist seit 2007 im Tschad präsent. In Dosseye leben etwa 16.000 Menschen. Es ist eines von drei Lagern in Goré, in denen hauptsächlich Flüchtlinge aus der ZAR leben, die gezwungen waren, vor den politischen Unruhen in ihrem Land zu fliehen. Als Partner des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) werden der LWB und das ACT-Bündnis dieses Jahr im Lager Unterkünfte und Infrastruktur bauen, die Lagerbevölkerung bei der Erwirtschaftung ihrer Existenzgrundlagen unterstützen, für Sicherheit und eine stabile Ernährungssituation sorgen sowie in fünf berufsbildenden Zentren einer begrenzten Anzahl Flüchtlinge eine Ausbildung ermöglichen.
„Die Arbeit mit der einheimischen Bevölkerung ist genauso wichtig wie die Unterstützung der Flüchtlinge“, betont Jan Schutte, LWB-Vertreter im Tschad. „Ich denke, unser ganzheitlicher Ansatz, unsere allseits bekannten einheimischen Mitarbeitenden und unsere lange Erfahrung haben dem LWB grösstes Vertrauen als Partner des UNHCR im Tschad verschafft.“
Grosse Flüchtlingsbewegungen
Im Tschad lebten bereits rund 290.000 sudanesische und 60.000 zentralafrikanische Flüchtlinge, bevor die neue Welle eintraf. 2013 wurden im Tschad über 20.000 neue Flüchtlinge aus der ZAR registriert, täglich kommen weitere hinzu. Seit dem 21. Dezember 2013 wurden mehr als 50.000 TschaderInnen aus der ZAR evakuiert. Ein Nothilfeplan der Vereinten Nationen sieht für die erste Jahreshälfte 2014 die Unterstützung von bis zu 150.000 RückkehrerInnen und 50.000 neuen Flüchtlingen vor.
Schutte berichtet, im Austausch mit SprecherInnen der Flüchtlinge wie der einheimischen Bevölkerung seien als Prioritäten für dieses Jahr Katastrophenbereitschaft, fortgesetzte Unterstützung der lokalen Gemeinwesen, Agrarhilfen und einkommenschaffende Massnahmen festgelegt worden.
„Aber wir müssen noch mehr Aufmerksamkeit bei unseren Gebern erreichen“, betont Schutte. „Der LWB und das ACT-Bündnis gehören seit 2013 zu den wichtigsten Partnern des UNHCR im Tschad, daher erwartet das UNHCR auch ein höheres Mass an Beiträgen aus dem ACT-Bündnis. Das ist eine Herausforderung, die wir vermitteln müssen.“
(Mit Beiträgen von Thomas Ekelund, Schwedische Kirche.)