Ukraine: Wärme und Hoffnung für Menschen in Charkiw

In Charkiw durchleben die Einwohner und Einwohnerinnen ihren dritten Winter in der Nähe der Front. Der LWB unterstützt Wärmestationen, in denen sich die Menschen aufwärmen können, mit Kleidung versorgt werden, erste Hilfe in Notfällen in Anspruch nehmen und ihre Mobiltelefone aufladen können. Viele dieser Einrichtungen werden von örtlichen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen betrieben. Mitarbeitende des LWB haben einige von ihnen getroffen und ihre Geschichten aufgeschrieben. 

11 März 2025
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Valerii und Nataliia Shapovalov kommen mit ihrem Enkelkind zur Wärmestation, um Schach zu spielen und dem Kind die Möglichkeit zu geben, Kontakte zu knüpfen. Foto: LWB/L. Gillabert

Valerii und Nataliia Shapovalov kommen mit ihrem Enkelkind zur Wärmestation, um Schach zu spielen und dem Kind die Möglichkeit zu geben, Kontakte zu knüpfen. Foto: LWB/L. Gillabert

Wie der LWB die gemeinschaftliche Selbsthilfe in dem vom Krieg zerstörten Charkiw unterstützt 

(LWI) – Ein beheiztes Zuhause, eine warme Mahlzeit, die Versorgung mit Strom und eine ruhige Nacht ohne Angriffe sind für viele Menschen in Charkiw in der Ukraine keine Selbstverständlichkeit mehr. Die lebenswichtige Infrastruktur der Stadt wird besonders im Winter immer wieder Ziel von Drohnen- und Artillerieangriffen. 

Seit drei Jahren unterstützt das Ukraine-Programm des Lutherischen Weltbundes (LWB) so genannte Wärmestationen – sichere, warme Orte, wo die Mitglieder der Gemeinschaft während der Bombardierungen und der Stromausfälle Zuflucht finden. Die Menschen können hier ihre Mobiltelefone aufladen und Tee und Kaffee trinken, und sie erhalten auch eine warme Mahlzeit. Dank der Unterstützung der ACT Alliance und der Diakonie ACT Austria und in Zusammenarbeit mit seinem örtlichen Partner Spilna Spava hat der LWB Ukraine acht Wärmestationen in Charkiw mit Leuchten, Taschenlampen, den wichtigsten Haushaltsgeräten, Spielzeug, Lebensmitteln und Getränken ausgestattet. 

Svitlana Esavlenko, Direktorin der weiterführenden Schule Lyceum 107 in Charkiw, beaufsichtigt eine dieser Wärmestationen. Während ihre 800 Schüler und Schülerinnen den Präsenzteil ihres Unterrichts in einer nahe gelegenen U-Bahn-Station absolvieren, kümmern sich Svitlana und die Lehrerschaft ebenfalls um eine Wärmestation im Schulgebäude. 

„Tagsüber bereiten wir mehr als 1.000 Mahlzeiten zu. Wir haben hier eine besondere Küche mit einem holzbefeuerten Herd. Unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Kindergarten kommen hierher, um uns beim Kochen zu helfen. Dieser Ort wird auch von Lehrkräften benutzt, um den Online-Unterricht zu betreuen“, sagt sie. 

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Svitlana Esavlenko, Direktorin des Lyceum 107, betreibt eine Wärmestation im Gebäude. Foto: LWB/L. Gillabert

Svitlana Esavlenko, Direktorin des Lyceum 107, betreibt eine Wärmestation im Gebäude. Foto: LWB/L. Gillabert

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Natalia Svyrudova ist die Direktorin der Proskyru-Schule. Die Wärmestation sei wichtig für die Gemeinde, sagt sie. Foto: LWB/L. Gillabert

Natalia Svyrudova ist die Direktorin der Proskyru-Schule. Die Wärmestation sei wichtig für die Gemeinde, sagt sie. Foto: LWB/L. Gillabert

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Sergii Shyshko, Freiwilliger und Gemeindemitglied, schneidet das Holz und bereitet den Ofen an der Wärmestation in Shyshkovaska vor: „Zu Hause bin ich allein, aber hier habe ich mehr Spaß und fühle mich nicht so allein.“ Foto: LWB/L. Gillabert

Sergii Shyshko, Freiwilliger und Gemeindemitglied, schneidet das Holz und bereitet den Ofen an der Wärmestation in Shyshkovaska vor: „Zu Hause bin ich allein, aber hier habe ich mehr Spaß und fühle mich nicht so allein.“ Foto: LWB/L. Gillabert

„Wir treffen uns auch hier in der Wärmestation, damit die Kinder soziale Kontakte knüpfen können. Im vergangenen Jahr haben unsere Schüler und Schülerinnen während der zahlreichen Stromausfälle sogar an den Olympischen Online-Spielen teilgenommen.“ 

Esavlenko und ihr Team haben ein Arbeitsumfeld mit Laptops und Internetzugängen eingerichtet, informieren hier über Sicherheitsfragen und Minenräumung, veranstalten Erste-Hilfe-Kurse und richten für die Kinder Neujahrsfeiern aus. 

Ein Heilmittel gegen Einsamkeit 

Die Wärmestationen ersetzen nicht nur zerstörte Infrastrukturen, sondern erfüllen noch einen weiteren Zweck. In der Ukraine werden sie auch „Orte der Unbesiegbarkeit“ genannt. „Sie lassen ein Gemeinschaftsgefühl entstehen und helfen im Kampf gegen die Vereinsamung besonders der älteren Menschen, die in Charkiw geblieben sind und jetzt allein leben“, berichtet Natalia Svyrudova, Direktorin der Schule Proskyru 3, in der sie ebenfalls die Wärmestation managt. 

„Dieses Viertel hier wird ständig angegriffen. Stromausfälle und eine eingeschränkte Wasserversorgung sind an der Tagesordnung. Aber dieser Ort hier erlaubt es den Menschen, miteinander zu kommunizieren. Wenn die Situation nicht zu gefährlich ist, kommen die Menschen hierher, um sich zu treffen. Viele von ihnen leben allein, meistens die ältere Nachbarschaft. Wir sorgen auch für sie.“ 

Svyrudova berichtet über die bewegende Geschichte eines Vaters und seines Sohns, die sich in einer Wärmestation wieder trafen, nachdem bei einem Luftangriff ihr Zuhause zerstört worden war. Beide hatten angenommen, der andere habe nicht überlebt. 

„Sie können sich nicht vorstellen, wie emotional dieses Wiedersehen war“, sagt sie. 

„Ein „unzerstörbares“ Gemeinschaftsgefühl 

„Dieses so widerstandsfähige Gemeinschaftsgefühl ermöglicht es den Menschen, selbst drei Jahre nach der Invasion weiter durchzuhalten“, sagt Léa Gillabert, die beim LWB für die Kommunikation mit den Spenderorganisationen und für die Einsatzunterstützung zuständig ist. 

Sie erzählt die Geschichte von Valerij und Natalja Schapowalow, einem älteren Ehepaar, das die Wärmestation jedes Wochenende mit ihrem Enkel besucht. Während das Kind mit anderen Kindern spielt, vertiefen sich Valerij und Natalja in eine Partie Schach. Natalja, die in der Schule arbeitet, erzählt: „Wir lieben es, hierher zu kommen, mit Menschen zu sprechen, zu entspannen und mit den Kindern zu spielen.“ 

Trotz der widrigen Umstände ist das Paar entschlossen, in der Stadt zu bleiben. „Unser Stadtviertel wird als ‚unzerstörbar‘ bezeichnet“, erzählen sie. „Wir haben Charkiw im April 2022 für einen Monat verlassen und sind in ein Dorf in der Nähe von Dnipro gezogen. Aber als sich die Lage hier etwas verbessert hat, sind wir im Mai zurückgekommen. Das hier war unser ganzes Leben lang unser Zuhause.“ 

Die Wärmestationen werden von der ACT Alliance und von der Diakonie Österreich unterstützt und von dem lokalen Partner Spilna Sprava dla ljudej betrieben.

Die ACT Alliance hat erneut dazu aufgerufen, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen.

LWB/C. Kästner-Meyer, L. Gillabert
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Ukraine