Weltkindertag: Recht auf Bildung in Konfliktgebieten

20 Nov. 2014
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Ein kleiner Junge macht seine Schularbeiten im Flüchtlingslager Yida, Südsudan. 70 Prozent der Bewohner in den Flüchtlingslagern sind Kinder. Foto: LWB/M. Hyden

Ein kleiner Junge macht seine Schularbeiten im Flüchtlingslager Yida, Südsudan. 70 Prozent der Bewohner in den Flüchtlingslagern sind Kinder. Foto: LWB/M. Hyden

Südsudan: LWB engagiert sich in Bildungsarbeit und beim Kinderschutz

Am 20. November begeht die UN den Weltkindertag. Die humanitäre Arbeit des Lutherischen Weltbundes (LWB) legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Bildung und den Schutz von Kindern. Ein Beispiel ist das von der EU-Initiative „Kinder des Friedens“ geförderte beschleunigte Bildungsprogramm, welches besonders auf die Situation von Jugendlichen in Konfliktgebieten zugeschnitten ist.

(LWI) – Die vierzehnjährige Nafisa Hamad Kuku weiss genau, was sie nach der Schule machen möchte. „Ich möchte Chirurgin werden, damit ich den Menschen zuhause und in der ganzen Welt helfen kann“, sagt sie. „Wenn ich das tue, kann ich das Wissen anwenden, das ich in der Schule erworben habe.“

Noch vor kurzer Zeit wäre ein Medizinstudium für Nafisa völlig unmöglich gewesen. Nafisa lebt im Flüchtlingslager Ajoung Thok im Südsudan, und nimmt am beschleunigten Bildungsprogramm des Lutherischen Weltbundes (LWB) teil. Sie ist aus der Provinz Kordofan im Sudan in den Süden des Landes geflohen, das sich nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg 2011 für unabhängig erklärt hat. Durch den Krieg hat Nafisa viel Unterricht verpasst. Das LWB-Programm hilft ihr, das Versäumte aufzuholen.

Der LWB koordiniert ein beschleunigtes Bildungsprogramm für Kinder in den Lagern Yusuf Batil und Kaya (Bezirk Maban, Bundesstaat Upper Nile) sowie Ajuong Thok (Bundesstaat Unity). Es wird von der Europäischen Union (EU) - Initiative „Kinder des Friedens“ finanziert und vermittelt derzeit 3.615 durch den Konflikt entwurzelten Kindern in südsudanesischen Flüchtlingslagern eine Schulbildung. Es bietet ihnen Schulbildung und ein sicheres Umfeld zum Lernen. Daneben erhalten sie psychologische Hilfe zur Bewältigung ihrer durch den Krieg verursachten Traumata.

„Der reguläre Schulbesuch vieler dieser Kinder wurde aufgrund von Gewalt und Krieg im Sudan und Südsudan unterbrochen“ erläutert Anek Cavine, die das Programm vor Ort koordiniert. „Deswegen besuchen viele ältere Schülerinnen und Schüler die Grundschule. 36% der Schülerinnen und Schüler in der Primarschule sind deutlich älter als üblich, das heisst, dass wir viele 17-Jährige haben, die mit Siebenjährigen zusammen unterrichtet werden.“

Das beschleunigte Bildungsprogramm ist auf genau diese Zielgruppe älterer Schülerinnen und Schüler zugeschnitten, die teilweise Grundschullehrstoff nachholen müssen. Es wird aktuell an 12 Primarschulen durchgeführt. Die meisten teilnehmenden SchülerInnen absolvieren zwei Klassenstufen in einem Jahr, und schliessen so wieder zu ihrer Alterstufe auf.

„Die bemerkenswerteste Erfahrung in meiner Arbeit mit diesen Jugendlichen ist ihre Bereitschaft, zur Schule zu gehen und zu lernen, trotz der Altersunterschiede zwischen ihnen“, erzählt Cavine. „Es waren auch schon minderjährige Mütter dabei, die zuvor keine Chance auf einen Schulbesuch gehabt hätten. Sie waren so begierig zu lernen, dass sie am Anfang ihre Babies mitgebracht haben, bis wir Menschen finden konnten, die die Kinder während des Unterrichts betreuen. So etwas motiviert uns sehr, die Jugendlichen weiterhin in ihren Bildungsanstrengungen zu unterstützen.“

Der LWB stellt auch Lehr- und Lernmaterialien bereit, organisiert Beratungsangebote sowie Kinderrechtsclubs und sensibilisiert die Lehrkräfte in Weiterbildungskursen für Kinderrechte und Kinderschutz. Das beschleunigte Lernprogramm umfasst auch Unterrichtseinheiten, die Kinder über die Gefahren bewaffneter Konflikte wie Arbeitsausbeutung, Kinderehen und Rekrutierung durch die Milizen der Konfliktparteien. Die Kinder lernen friedliche Konfliktlösungsmechanismen und haben einen leichteren Zugang zu Einrichtungen des Kinder- und Jugendschutzes.

„Bildung verbessert nicht nur ihre Aussichten auf dem Arbeitsmarkt“, betont Cavine.

„Die Schule bietet ihnen auch wertvolle psychosoziale Unterstützung und vermittelt lebenspraktische Kompetenzen vermitteln. Ganz wichtig ist dabei, dass sie ihr Selbstbewusstsein fördert.“

Die EU-Initiative „Kinder des Friedens“, die das Bildungsprogramm fördert, hat ihren Ursprung in der Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU im Jahr 2012. Cavine nimmt teil an einem Google-Hangout am 20. November um 14:00 Uhr, der aus Anlass des Weltkindertages stattfindet und die Arbeit der neun von der Initiative unterstützten Projekte vorstellt.

Seit 2012 leistet der LWB Nothilfe für Binnenvertriebene in drei Bundesstaaten des Südsudan. Die beschriebenen Bildungsangebote sind ein Teil dieser Nothilfemassnahmen.

 

LWF / C. Kästner