„Wir sind jetzt besser vorbereitet”

14 Jan. 2015
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Kinder im LWB-Modelldorf in Gressier bei Port-au-Prince. Foto: LWB-Haiti

Kinder im LWB-Modelldorf in Gressier bei Port-au-Prince. Foto: LWB-Haiti

Gedenken an das Erdbeben auf Haiti im LWB-Musterdorf

(LWI) – „Li mouri, li mouri…” (Er ist tot, er ist tot). Fabiola ist in Tränen aufgelöst, als sie ihre Geschichte erzählt. Sie ist eine von 16 BewohnerInnen des Musterdorfes, die im Büro des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Petionville nahe der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince des Erdbebens vor fünf Jahren zu gedenken. Am 12. Januar 2010 um 16.53 Uhr erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7 die Hauptstadt des karibischen Inselstaates. Mehr als 100 000 Menschen starben. Alle, die jetzt im LWB-Büro sitzen, haben bei dem Erdbeben Familienangehörige verloren.

Jede Geschichte ist anders, doch alle haben eines gemeinsam: Das Leben der Erzählenden blieb auf wundersame Weise verschont. Sie alle haben es geschafft, nach der Katastrophe wieder in ihr Leben zurückzufinden und ihre traumatischen Erfahrungen zu etwas Positivem und Konstruktivem zu machen. Und so fliessen an diesem Morgen nicht nur, als die Menschen Erinnerungen teilen. Man hört auch Lachen und Freude. Diese Menschen sehen sich nicht als überlebende Opfer. Sie haben es geschafft, ihr Leben zurückzugewinnen und in einen neuen Kontext zu stellen.

Das Musterdorf des Wiederaufbauprogramms steht in Gessier, westlich von Port-au-Prince. Das Gebiet wurde besonders schlimm durch das Erdbeben verwüstet. Nach der Katastrophe 2010 begann der LWB gemeinsam mit Partnern Projekte zu planen und durchzuführen, um das Katastrophenrisiko der betroffenen Gemeinschaften zu reduzieren. Dazu gehörten die Wiederherstellung der Umwelt, die Verringerung der Bodenerosion sowie Wiederaufforstungsprogramme, um Überflutungen zu verhindern. Der LWB wurde dabei von der haitianschen Regierung, den Kommunalbehörden und der Zivilgesellschaft unterstützt.

Das Musterdorf des Wiederansiedlungsprogramms besteht aus 150 neuen Häusern. Familien, deren Bleibe zerstört wurde, haben hier einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. „Das Dorf wurde nach dem Grundsatz „besser wiederaufbauen“ errichtet“, sagt Perolof Lundkvist, LWB-Vertreter des Länderprogramms in Haiti. „Es besteht aus festen Häusern, die Erdbeben und Wirbelstürmen widerstehen können.“ Die Häuser sind von kleinen Gärten umgeben. Eine mit Solarstrom betriebene Strassenbeleuchtung sorgt dafür, dass das Dorf weithin sichtbar ist.

Der Grundsatz „besser wiederaufbauen“ betrifft aber nicht nur die „Hardware“ wie den Bau von Häusern und der dazugehörenden Infrastruktur. Auch die „Software“, der Aufbau einer zukunftsfähigen Gemeinschaft, liegt dem LWB und seinen unterstützenden Partnern am Herzen. „Von Anfang an ging es uns um eine selbstverwaltete Gemeinschaft, die auf den Grundsätzen Menschenrechte, demokratische Prinzipien und Umweltfreundlichkeit beruht“, sagt Lundkvist. „Da wurde schon viel erreicht, und die Entwicklung macht Mut. Allerdings müssen wir diesen Prozess weiter unterstützen.“

Die Gedenkveranstaltung schliesst mit der Frage: Wie können wir uns auf die Zukunft vorbereiten? Alle Menschen auf Haiti wissen, dass dieses Land jederzeit wieder von einer Naturkatastrophe heimgesucht werden kann. Die Insel liegt mitten in einem Hurrikankorridor. Die Bemerkungen der TeilnehmerInnen zeigen, dass sie sich dieser Realität jeden Tag bewusst sind. Dennoch sind sie zuversichtlich: „Jetzt sind wir besser vorbereitet", sagt eine von ihnen.

(Beitrag von LWB-Haiti/Perolof Lundkvist)

 

LWF / C. Kästner